Name: Herr Knecht
E-Mail: dir-zs-ikt-barrierefreiheit@polizei.berlin.de
Telefon: 030-4664-0
Sachgebiet Einsatzdienst Direktion 1 (Nord) Abschnitt 15
Geführt von Thomas Ziem, LKA Präv Projekt JLUP, am 8. April 2021
Nachdem die Zusage für die Reise kam, hatten wir die Gelegenheit, die israelische Botschaft in Berlin zu besuchen. Dort wurden wir über ganz unterschiedliche Dinge informiert, beispielsweise wie Deutsche in Israel gesehen werden.
Durch die Menschen, denen ich in Israel begegnet bin, wurde das bestätigt, was uns bereits in der Botschaft erzählt wurde: Deutsche werden nicht mehr nur mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht. Ich war positiv überrascht, wie Deutschen in Israel gegenübergetreten wird.
Im Hinterkopf hatte ich meine jüdische Urgroßmutter. Da sie einen christlichen Ehemann hatte, wurde sie im Zweiten Weltkrieg nicht deportiert. Das traf aber für einen Großteil ihrer Familie nicht zu, die unter anderem nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert und ermordet wurde. Einer ihrer Angehörigen konnte fliehen und gelangte zurück nach Berlin, wo er dann aber bei einem Bombenangriff Anfang 1945 umkam, da er als geflüchteter Jude keinen Schutzbunker aufsuchen durfte.
Mein Großonkel, der die Familiengeschichte aufgearbeitet und sich auch für die Verlegung von Stolpersteinen in Neukölln und Friedenau gekümmert hat, konnte mir vor der Reise viel davon berichten. So waren für mich die Gräueltaten wesentlich näher, als ich es vermutet hatte. Vor diesem Hintergrund bin ich nach Israel gefahren.
Die Fahrt selber war beeindruckend. Wir hatten einen sehr guten Begleiter, der früher bei der Bundespolizei war und jetzt in Israel als Fremdenführer tätig ist.
Persönlich hat mich beeindruckt, dass man in Israel keinen Stein umdrehen kann, ohne auf Geschichte zu stoßen.
Es ist ungewohnt, wie offen Jüdinnen und Juden im allgemeinen Straßenbild erkennbar sind, insbesondere orthodoxe Juden, die in ihrer Tracht umherlaufen. Das kenne ich in Deutschland so nicht. Ich denke, dass viele Jüdinnen und Juden in Deutschland eher Anfeindungen ausgesetzt sind, wenn sie auch nur die Kippa tragen. Um sich dem nicht auszuliefern, werden wahrscheinlich viele darauf verzichten. Durch den Umgang in Israel mit diesen Dingen, bekommt man noch einmal einen ganz anderen Blick auf die Situation in Deutschland. Für einen selber ist es totales Neuland. Und in Israel ist es ganz normal.
Sehr interessant waren die Gespräche mit den Polizeivertretern vor Ort, die uns insbesondere die Sicherheitslage im Land sowie die polizeilichen Maßnahmen, Möglichkeiten und Vorgehensweisen näherbringen konnten. Besonders der Empfang in der Polizeiakademie in Bet Schemesch war ergreifend. Unsere vielen Fragen wurden sehr offen und bereitwillig beantwortet: Wie gehen Israelis mit Streitigkeiten im religiösen Bereich der Altstadt Jerusalems um? Zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften, aber auch innerhalb einer Religion. Wie gehen die Israelis polizeilich mit dem Palästinenserkonflikt um? Wie ist in den Grenzgebieten, beispielsweise im Gazastreifen, die Zuständigkeit zwischen Militär und Polizei geregelt? Welche Ursachen können bestimmte Handlungen bedingen?
Uns wurde zum Beispiel berichtet, dass grundsätzlich alle Israelis erst einmal zum Militärdienst einberufen werden, bevor sie einen anderen Beruf, etwa den der Polizistin und des Polizisten, wählen. Im Militärdienst wird dann das Ausschalten von Bedrohungen bis zur letzten Konsequenz, oft also auch dem Tod der bedrohenden Person, trainiert. Vor diesem Hintergrund wird bei der Bewältigung lebensbedrohlicher Situationen ganz anders agiert. Wenn in diesem Kontext ein Polizist einen Amoktäter, der schon am Boden liegt, erschießt, ist das deswegen nicht gutzuheißen, aber nachvollziehbarer. Diesbezüglich sollten sich grundlegende Dinge, etwa in der Ausbildung, ändern, um solche Überreaktionen zu verhindern. Krieg ist in Israel nirgendwo weit weg und spielt immer eine ganz große Rolle. In allen Belangen, auch in denen des öffentlichen Lebens.
Nicht in allen Bereichen kann man die Polizei Berlin mit der israelischen vergleichen. Aber in manchen schon, da polizeiliche Arbeit oft ähnlich ist. Sie ist aber natürlich von den gesellschaftlichen Voraussetzungen geprägt. So wie in Amerika, wo man damit rechnen muss, dass das polizeiliche Gegenüber eine Schusswaffe hat. Hier in Deutschland muss man sich aus Gründen der Eigensicherung natürlich auch immer einer potentiellen Gefahr bewusst sein, aber es ist weit weniger damit zu rechnen, dass das Gegenüber entsprechend bewaffnet ist. In der Altstadt Jerusalems gab es eine Zeit lang viele Taten, bei denen Menschen mit Messern angegriffen und zum Teil getötet wurden. Auch das beeinflusst das Vorgehen der Einsatzkräfte vor Ort.
In Jerusalem spielen natürlich die unterschiedlichen Religionen, besonders an den Feiertagen, eine große Rolle.
Darüber hinaus gibt es in Israel selbstverständlich auch Verkehrsunfälle, Trunkenbolde, Schlägereien, Fälle von häuslicher Gewalt und andere „typische“ Einsatzlagen, die in allen Ländern der Erde zu bewältigen sind. Polizisten sind halt immer noch Polizisten.
Gefühlt wird in Israel die Polizei nicht so sehr von der Politik in Frage gestellt wie in Deutschland.
Solch eine Reise nach Israel würde ich jedem empfehlen. Allein schon zur Horizonterweiterung. Die Polizeiarbeit in einem anderen Land, selbst in einem anderen Bundesland, ist immer eine Horizonterweiterung. Für jeden Einzelnen. Man sieht in Israel, wie man mit unterschiedlichen Religionen umgehen kann und dass die Menschen ihren Glauben viel offener ausleben können. Das hat man hier eher bei Musliminnen und Muslimen, aber bei Jüdinnen und Juden fast gar nicht.