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Zusammenfassung:
BERNHARD WEIß wurde 1880 in Berlin geboren. Er war eines von sechs Kindern einer jüdischen Familie. Nach Beendigung der Volksschule besuchte Bernhard Weiß das traditionsreiche „Französische Gymnasium“ am Berliner Reichstagsufer, an welchem der Anteil jüdischer Schüler überdurchschnittlich hoch war. Er promovierte 1904 zum Doktor der Rechts- und Staatswissenschaften (Dr. jur. et rer. pol.). Im Anschluss diente Weiß bis 1918 in der Bayerischen Armee und wurde im Sommer desselben Jahres als stellvertretender Leiter der Kriminalpolizei in Berlin in den Preußischen Polizeidienst aufgenommen. 1925 wurde er Leiter der Kriminalpolizei sowie nach kaum zweijähriger Amtszeit 1927 zum Polizeivizepräsidenten ernannt. Im Rahmen des „Preußenschlages“ ― die amtierende Regierung wurde abgesetzt und das Land Preußen direkt der Reichsregierung unterstellt ― wurde Weiß im Juli 1932 zusammen mit anderen Polizeiführern und preußischen Regierungsmitgliedern seines Amtes enthoben. Er flüchtete nach Prag und anschließend nach London, wo er 1951 verstarb.
Von Außenstehenden wurde Bernhard Weiß als Kämpfernatur beschrieben, die systematisch gegen illegale Aktivitäten vorging. Weiß setzte sich genauso konsequent gegen Linksextremismus wie Rechtsextremismus ein. Deswegen war Weiß besonders der aufkommenden NSDAP ein Dorn im Auge. Er wurde als jüdischer Berliner Polizeivizepräsident Opfer regelmäßiger Diffamierungskampagnen unter Joseph Goebbels. Weiß schlug zurück und überzog Goebbels mit mehr als 60 erfolgreich verlaufenen Prozessen.
Antisemitische Humorpostille „Deutsches Witzblatt“ aus den 1920er Jahren. Bernhard Weiß rennt mit einer Hundertschaft Berliner Schutzpolizisten in Richtung Teltow, um dort eine Naziversammlung aufzulösen, von der man annahm, dass hier Vorbereitungen zum Putsch getroffen werden.
© Touro College Berlin
Ausführung:
Auszug aus der schriftlichen Hausarbeit Modul MV2 Vertiefung II der Studierenden: M. Boulahrouz und N. Müller; Gutachter: Frank-Peter Bitter, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Fachbereich 5 – Polizei und Sicherheitsmanagement, Bachelor-Studiengang Gehobener Polizeivollzugsdienst, 23. Februar 2021, sowie ausgewählte Zitate
Bernhard Weiß erblickte am 30. Juli 1880 in Berlin das Licht der Welt. Seine Eltern, Max Weiß (1843-1926) und Emma, geb. Strelitz (1856-1892), stammten beide aus jüdischen Familien. Der Vater war ein erfolgreicher Geschäftsmann im Getreidegroßhandel, wodurch die Familie Weiß auch nach seinem Tod finanziell abgesichert war. Neben Bernhard gab es noch weitere Kinder: Zwei ältere Schwestern, die jedoch früh verstarben, und drei jüngere Brüder – Franz, Adolf und Konrad. Bernhard Weiß wurde nach seinem Großvater väterlicherseits benannt, einem Arzt, der 1807 in Schlesien geboren wurde.
Die Familie Weiß bekannte sich klar zur deutschen Nation. Ihr Selbstverständnis entsprach der Programmatik des „Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ (CV), der im Jahre 1893 als Reaktion auf zunehmend antisemitische Tendenzen in Politik und Gesellschaft gegründet worden war. Dieser Verein war der bedeutendste und mitgliederstärkste Zusammenschluss innerhalb der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland, deren Mehrheit sich bewusst als „deutsche Juden“ verstand.
Nach Beendigung der Volksschule besuchte Bernhard Weiß das traditionsreiche „Französische Gymnasium“ am Berliner Reichstagsufer, wo der Anteil jüdischer Schüler überdurchschnittlich hoch war. 1892 starb seine Mutter Emma im Alter von 35 Jahren, was vor allem für den erst elfjährigen Bernhard und seine jüngeren Brüder eine psychische wie physische Belastung darstellte. Die Ärzte rieten zu einer zeitweisen Trennung vom Berliner Elternhaus, und so zog der gesundheitlich labile Bernhard nach Rudolstadt (Thüringen), wo er 1900 sein Abitur ablegte.
Bernhard Weiß entschloss sich für ein Studium der Rechtswissenschaften. An der bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg wurde er 1904 schließlich zum Doktor der Rechts- und Staatswissenschaften (Dr. jur. et rer. pol.) promoviert.
Nach seiner Promotion unterbrach Weiß seine weitere juristische Ausbildung und trat in die Bayerische Armee ein, in der er bis 1918 diente. Diese Zeit sollte für sein weiteres Leben in besonderer Weise prägend werden. In seiner Offiziersakte wurden seine außergewöhnlichen Leistungen im Ersten Weltkrieg betont und ihm besondere Belastbarkeit und Tatkraft bescheinigt.
Im Sommer 1918 wurde Weiß als stellvertretender Leiter der Kriminalpolizei in Berlin in den Preußischen Polizeidienst aufgenommen. 1925 wurde er Leiter der Kriminalpolizei und damit verantwortlich für rund 2400 Kriminalbeamte. Nach kaum zweijähriger Amtszeit wurde er 1927 schließlich zum Polizeivizepräsidenten ernannt.
Von Außenstehenden wurde Bernhard Weiß als Kämpfernatur beschrieben, die systematisch gegen illegale Aktivitäten vorging. Weiß setzte sich genauso konsequent gegen Linksextremismus wie Rechtsextremismus ein. Deswegen war er besonders der aufkommenden NSDAP ein Dorn im Auge.
Er wurde als jüdischer Berliner Polizeivizepräsident Opfer regelmäßiger Diffamierungskampagnen unter dem damaligen „Gauleiter von Berlin“ Joseph Goebbels, der Weiß wegen seiner jüdischen Herkunft stets als „Isidor“ bezeichnete und den Schmähbegriff „ViPoPrä“ (für Vizepolizeipräsident) gegen ihn einführte. Weiß schlug zurück und überzog Goebbels mit mehr als 60 erfolgreich verlaufenen Beleidigungsanzeigen. Vor allem schlug Weiß ein Verbot der NSDAP vor, konnte sich aber nicht gegen die anderen Länder durchsetzen
Auszug aus B. Weiß, „Mehr Selbstbewußtsein“, in: C.V.–Zeitung Nr. 23 vom 3. Juni 1932
Konsequent und gewissenhaft verfolgte Weiß Straftaten von Nationalsozialisten. Große öffentliche Aufmerksamkeit erregte ein von ihm persönlich geleiteter Polizeieinsatz im Plenarsaal des Reichstages am 12. Mai 1932. Nachdem mehrere NSDAP-Abgeordnete einen Journalisten zusammengeschlagen hatten, stürmte er mit seinen Polizeikräften die Versammlung und verhaftete die tatverdächtigen Abgeordneten.
Im Rahmen des „Preußenschlages“ (die amtierende Regierung wurde abgesetzt und das Land Preußen direkt der Reichsregierung unterstellt) wurde Weiß, zusammen mit anderen Polizeiführern und preußischen Regierungsmitgliedern, im Juli 1932 seines Amtes enthoben.
Nachdem die Regierungsgewalt am 30. Januar 1933 an Hitler übergeben wurde, lebte Weiß zunächst weiter in Berlin. Im März 1933 wurde durch die Gestapo ein Haftbefehl gegen ihn erlassen und ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. Als seine Wohnung gestürmt und geplündert wurde, entkam Weiß durch den Hinterausgang und verbarg sich mit seiner Frau fortan an wechselnden Orten. Schließlich floh er mit Hilfe von Kollegen zunächst nach Prag, wo er mehrere Monate verbrachte. Im August 1933 erschien sein Name zusammen mit 32 anderen Namen auf der ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reiches. Anfang 1934 floh Weiß mit seiner Frau mit tschechoslowakischen Pässen nach London und gründete dort eine kleine Grafikfirma.
Nach dem Ende des Krieges besuchte Bernhard Weiß Berlin erstmals wieder 1949. Sein größter Wunsch war es, nach Berlin zurückzukehren.
In einem Brief an seine Tochter Hilde schrieb er 1949 nach diesem Besuch:
(aus: Blätter für Deutschtum und Judentum)
Der Berliner Bürgermeister Ernst Reuter bot ihm ein Amt mit Beratungsfunktion im Polizeidienst an. Aus gesundheitlichen Gründen kam es nie dazu. 1951, kurz vor der Wiedererlangung der deutschen Staatsbürgerschaft, starb Weiß in London an Krebs.
In „Winke für meine Beisetzung“ (aus: Joachim Rott, „Ich gehe meinen Weg ungehindert geradeaus“, Berlin 2010, S. 159) wird Weiß mit folgenden Worten zitiert:
Bernhard Weiß bekleidete in schwierigen Zeiten drei wichtige Ämter, die die junge Weimarer Republik in ihrer Hauptstadt zu vergeben hatte. Auch im republikanischen Preußen war es keine Selbstverständlichkeit, dass ein jüdischer Deutscher in so hohe Ämter berufen wurde. Er hat sie seiner hohen Leistungsbereitschaft, seiner Arbeitsdisziplin und seinem starken Charakter zu verdanken. Bis heute spielt Bernhard Weiß eine wichtige Rolle für das Selbstverständnis der Polizei Berlin. Als Kämpfer gegen den Nationalsozialismus verkörpert er Entschlossenheit, Gerechtigkeitssinn und ein freiheitlich-demokratisches Denken.
Der Bund jüdischer Soldaten innerhalb der Bundeswehr verleiht seit 2007 die „Bernhard-Weiß-Medaille für Verständigung und Toleranz.“
Auf Initiative des Förderkreises der Polizeihistorischen Sammlung benannte der Berliner Senat einen Teil der Otto-Braun-Straße in Berlin-Mitte 2011 nach Bernhard Weiß.